Projekt Beschreibung
World Wrapps, San Francisco
Ende der 60er war San Francisco der weltweite Treffpunkt der Hippie- und Flower-Power-Bewegung. Heute gehört die Stadt an der Golden-Gate-Bridge zu den heißesten Gastro-Plätzen der Welt. Im Schnittpunkt der Tex-Mex-Welle und des US-Fast-Food-Know-hows gelegen, kommen von der kalifornischen Metropole kreative Food-Ideen, die den amerikanischen Markt erobern – und schon bald die Welt? Jüngstes Beispiel: Wrapps.
Das Motto lautet: Burritos sind out, Wrapps sind in. Die Idee ist einfach, und deshalb genial. Im Prinzip handelt es sich nur um eine minimale Verfeinerung bzw. Verbindung vorhandener Ideen und Trends. Daß daraus gleich eine erfolgreiche Gastro-Kette geworden ist, beweist, daß man in der Gastronomie das Rad nicht neu erfinden muß, wenn man durchschlagenden Erfolg haben will.
Die Geschichte klingt wie ein Märchen: Fünf junge US-Unternehmer, alle ohne gastronomische Erfahrung, hecken im Urlaub im Mexiko ein Konzept aus, suchen sich einen erfahrenen System-Manager als Berater, und landen innerhalb kürzester Zeit einen Bombenhit.
Wenn man sich das Grundkonzept anschaut, fragt man sich unweigerlich: Warum ist da kein anderer früher draufgekommen? Die Idee lag doch in der Luft. Tex-Mex boomt (im Food-Bereich scheinen in den USA aber erste Wachstumsgrenzen in Sicht), aber genauso „in“ ist die leichte, gesunde Küche. Warum nicht beide Trends verbinden? Man nehme einen Tortilla-Fladen, läßt aber die eher schweren Zutaten der klassischen Burritos weg und kreiert stattdessen eine Vielzahl von leichten, leckeren Füllungen. Das Ganze nennt man „Wrapps“, und schon hat man ein perfektes, hochwertiges Fast Food-Produkt, das mit den Fingern gegessen werden und dessen Hülle gleich mitgegessen werden kann.
Bei den Füllungen sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. In den World Wrapps-Lokalen reicht die Palette vom Thai-Chicken bis zum Mango Snapper, rein vegetarische Varianten fehlen genauso wenig wie klassische Tex-Mex-Inhalte. Zu den teuersten Angeboten zählen „The Barcelona“ (eine Art eingewickelter Paella) und „Samurai Chicken“, aber selbst diese „Gourmet-Wrapps“ werden noch für unter sieben Dollar angeboten.
Unterm Strich sind die World-Wrapps-Lokale bessere Fast Food-Läden. Das Take away-Geschäft überwiegt den Verzehr im Lokal bei weitem. Der Erfolg der Wrapps-Idee hat aber dafür gesorgt, daß eingewickelte Spezialitäten inzwischen auch den Weg in herkömmliche Lokale gefunden haben. Von den zahlreichen Nachahmer der „Wrapps-Idee“ gar nicht zu reden. Gerade weil die Grundidee so bestechend einfach ist, läßt sie sich auf die vielfältigste Weise nachmachen, um- und ausbauen.
Frische Zutaten, schneller Service
Als Synonym für „Junkfood“ sollte man hochwertige Fast Food-Angebote wie „Wrapps“ nicht mißverstehen. In den „World Wrapps“-Lokalen wird ein relativ hoher Personalaufwand betrieben. In den elf Outlets der Kette sind rund 300 Mitarbeiter damit beschäftigt, auf Bestellung hochwertige, frische Zutaten so schnell als möglich in die Tortillas einzuwickeln.
Mit dem Ausbau der „World Wrapps-“ Kette dürfte der Anteil von vorgefertigten Teilfüllungen, die in zentralen Produktionsküchen zubereitet werden, steigen. Aber dies ist dann eher eine Konsequenz des Erfolges, nicht des ursprünglichen Konzeptes.
Was man aus der Erfolgsgeschichte der „Wickel“ (so die einfachste Übersetzung der „Wrapps“) hierzulande lernen könnte? Es gibt fast nichts, was man dem Gast nicht als „Fingerfood“ präsentieren könnte. Im Take-away-Geschäft, das bei uns meist eher schamhaft unter dem Etikett „Auch zum Mitnehmen“ firmiert, stecken gewaltige Umsatzpotentiale, die bayerische Wirte nicht unbedingt dem Italiener um die Ecke oder der nächsten McDonalds-Filiale überlassen sollten. Worauf es ankommt, das sind die originellen Verpackungen zum Essen und der leckere Inhalt. Und wenn der Gast die leichte, regionale Küche, mit Kräutern verfeinert, immer mehr schätzen lernt, dürfte mit Wurst-, Lebekäs‘- und Fleischpflanzerl-Semmeln allein auf Dauer nur noch wenig Staat, sprich Umsatz, zu machen sein.
Erschienen im Gastronomie-Report 6/1997.
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