Projekt Beschreibung
Erlebnishotel „Alte Volksschule“, Meisenheim
Lehrer Lämpel schreibt als Hoteldirektor Geschichte
Note 6, setzen! Wer seiner Schulzeit mit allen ihren Höhen und Tiefen nachtrauert, kann jetzt auf erholsame Art noch einmal die Schulbank drücken. Am Rande des mittelalterlichen Städtchens Meisenheim in Rheinland-Pfalz steht eins der verrücktesten und witzigsten Hotels, die Deutschland derzeit zu bieten hat. Die „Alte Volksschule“ wurde vom klassischen Schulhaus zu einem phantasievollen Erlebnishotel umfunktioniert: Die Schüler sind weg. „Lehrer“, „Klassenzimmer“ und freche Sprüche sind geblieben!
Im Jahr 1908 zog eine große Schar von Kindern mit ihren Lehrern in das neue Schulgebäude in der Lindenallee. Im Jahr 2010 stehen Erwachsene mit Kind und Koffern am gleichen Ort und kommen freiwillig zum „Nachsitzen“ in die „Alte Volksschule“. Betreut und versorgt werden die Gäste vom 10-köpfigen „Lehrerkollegium“ um „(Hotel-)Direktor“ Fritz Lorenz, der das Hotel im Eröffnungsjahr 2006 übernommen hat. Erste Anlaufstelle ist die Rezepti.., äh natürlich das „Sekretariat“.
Je nach „Wissensbedarf“ und „Talent“ können sich die Gäste zwischen 16 individuell eingerichteten Hotelzimmern entscheiden. Für fast jedes Schulfach gibt es ein eigenes Zimmer, das mit typischen Schulutensilien und bunten Wandmalereien humorvoll thematisiert ist. Im „Kunstraum“ fördern Pinsel und Malfarben das Zeichentalent der Gäste, im „Biologieraum“ kann die „Darwin’sche Lehre“ rekapituliert werden und im „Musiksaal“ sind über 20 zum Teil spielbare Instrumente zu finden – vom Saxophon bis zum Klavier. Mit jeweils drei Etagenbetten sind diese „Erlebniszimmern“ ideal für größere Gruppen und Familien geeignet – Schullandheimcharakter inklusive.
Aber auch die erlebnisreichen Doppelzimmer lassen die Schulzeit wieder lebendig werden: Im „Physikraum“ können große und kleine Männer eine Dampfmaschine erkunden, während im „Handarbeitszimmer“ den kreativen Damen ein Kasten mit Nähzeug zur Verfügung steht. Reiselustige „Schüler“ sind hingegen im „Geografiezimmer“ mit original Schullandkarte bestens aufgehoben. Aber auch für die „Lausbuben“ von damals hat die „Alte Volksschule“ einen eigenen Raum parat: die karge „Arrestzelle“. – Auf die „Prügelstrafe“ wird heutzutage allerdings verzichtet.
„Wir wollen unseren Gästen keine Räume von der Stange bieten, sondern liebevoll eingerichtete Räume mit eigenem Charakter“, so Fritz Lorenz. Getreu diesem Motto sind auch die rund 40 qm großen Hotelappartements „Bibliothek“, „Chemielabor“, „Sportraum“ und „Schulküche“ eingerichtet. Sogar das „Rektorat“ mit herrschaftlichem Kingsize-Bett kann gebucht werden. Kurz gesagt: Im Hotel „Alte Volksschule“ gibt’s fast alles, was eine echte Schule zu bieten hat. Sogar die mehr als 200 Schülersprüche an den Wänden, die liebevoll zusammengetragen wurden, erinnern an die laute und lebendige Geschichte als Schulhaus: „Wenn alles schläft und einer spricht, nennt man dieses Unterricht!“ Für andere sinnige Sprüche und Malereien war auch Wilhelm Busch mit seinen Schülerstreichen um Max & Moritz und Lehrer Lämpel eine geniale Inspirationsquelle.
„Wir sind ein Haus der Lebensfreude und der Phantasie und wollen dem Kind im Erwachsenen die Möglichkeit geben, sich zu entfalten“, sagt Fritz Lorenz, der seit 40 Jahren in der Gastro-Branche zuhause ist. „Mit dem Konzept „Alte Volksschule“ wollen wir unseren Gästen in erster Linie Spaß bieten, aber auch einen Rahmen für spontane Ideen und kreatives Denken.“ Aus dieser Überzeugung heraus hat sich die „Alte Volksschule“ auch als Tagungshotel deutschlandweit einen guten Ruf gemacht. Rund 40 Firmen, darunter das ZDF und die Fa. Michelin, kamen bereits in die „Kreativ-Oase“ nach Meisenheim. Die zwei voll ausgestatteten Tagungsräume, die „Klassenzimmer“ 1a und 1b, bieten dabei ein witziges Umfeld für Schulungen, Konferenzen oder Teambuilding-Seminare. Eine original Schultafel und Schülerbänke dürfen neben modernem Präsentationszubehör wie Flipchart und Beamer natürlich nicht fehlen!
Bei allem Spaß wird in der „Alten Volkschule“ besonderer Wert auf den Komfort eines gehobenen Hauses gelegt. „Die Gäste von heute haben hohe Ansprüche, auch wenn sie einmal ganz anders Urlaub machen wollen“, sagt der Direktor. Dementsprechend sind alle Hotelzimmer mit SAT-Anschluss, TV, Radio, DVD-Player, Internetzugang über LAN sowie einem Fön ausgestattet. Auch im Bad muss sich keiner wie auf dem Schülerklo anno dazumal fühlen. Hinter den Gießkannen, aus denen das Wasser in eine Schüssel fließt, sind ordinäre Wasserleitungen verlegt…
Was für ein geniales Konzept! Aber wie kam es dazu, dass aus einer einfachen Schule ein eigenartiges Hotelobjekt wurde? „Bis 1998 wurde in der „Alten Volksschule“ noch unterrichtet“, erzählt Lorenz. „Generationen von Schülern haben hier lustige und leidvolle Stunden verbracht, das zeigen auch die vielen Originalfotos, die wir in den Räumen aufgehängt haben. Nachdem das Schulgebäude dann einige Jahre leer stand, hat die gemeinnützige KISS GmbH (bis heute Träger des Hotels) das denkmalgeschützte Haus zu Investitionszwecken erworben.“ In einer vierjährigen Umbauzeit und mit der kreativen Energie von Kunststudenten aus der Umgebung, die u.a. witzige Ideen für die Sprüche und Wandmalereien lieferten, verwandelte sich die geschichtsträchtige Schule in ein kreatives Erlebnishotel mit Erinnerungswert. 2006 war Schluss mit Ferien, der Hotelbetrieb konnte anlaufen.
Ein Gang nach draußen genügt, um das Konzept „Kreativ- und Erlebnishotel“ in seiner vollen Blüte zu erleben. Der ehemalige Schulgarten dient als Sonnenterrasse und ist darüber hinaus mit einem gemütlichen Pavillon und einer Grillhütte bestückt. Zu den besonderen Highlights zählen ein Holzbackofen, ein Bouleplatz, eine 9m hohe Kletterwand sowie ein Indianer-Tipi, womit das Hotel natürlich viele Familien mit Kindern anlockt. Für erlebnishungrige Gäste organisiert die „Alte Volksschule“ auch Events wie „Schulausflüge“ oder „Wandertage“.
Neben dem Hotel betreut Fritz Lorenz als Küchenchef noch das angeschlossene Restaurant. Es umfasst zwei größere „Klassenräume“ für 40 bzw. 80 Personen, die für größere „Schulfeste“ gebucht werden können. Als besondere „Spezialität“ im Restaurant „Alte Volksschule“ empfiehlt Lorenz die beliebte Dinner-Show „Feuerzangenbowle“. Bei der hauseigenen Inszenierung des Kultfilms mit Heinz Rühmann werden die Gäste bei einem 4-Gänge-Menü selbst zum Mitspielen eingeladen.
Keine Frage: Die „Alte Volkschule“ ist ein tolles Beispiel, wie man ein vorhandenes Thema in einem neuartigen Gastro-Konzept konsequent und zugleich fantasievoll umsetzen kann. Und nachdem die Schulzeit zu den prägendsten Erlebnissen im Leben gehört, dürfte im „Schulthema“ gastronomisch gesehen noch jede Menge Potential stecken. Also wenn Ihr irgendwo ein leerstehendes Schulgebäude entdeckt…
Wir haben in Meisenheim jedenfalls Lust bekommen, selbst einmal Lehrer zu spielen und Noten zu verteilen: „Alte Volksschule in Meisenheim, Note 1, setzen!“
Erschienen in Gastronomie-Report 4/2010. Über die weitere Entwicklung ist uns
nichts bekannt.
Foto: Alte Volksschule
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