Projekt Beschreibung

The Flying Fish Café Orlando

In München fällt nach dem Zwischenspiel von „Fischer’s Fritz“ eigentlich nur und immer wieder der Name Hunsinger, ansonsten herrscht schnell Ebbe. Wie machen das andere? Wie schafft es zum Beispiel das Flying Fish Cafe am Disney Board Walk in Orlando/ Florida, den Geschmack des Fast Food gewöhnten Publikums zu treffen?

Champagner im Kübel, der wie eine Muschel gestylt ist, eine lange Bar, die auf Säulen ruht, die wie riesige Fischschwänze geformt sind, das Steuerrad einer alten Fähre an der Wand – mit vielen originellen Details wird dem Besucher des Flying Fish Cafe in Orlando auf Schritt und Tritt, oder besser gesagt bei jedem Blick bewußt, daß es in diesem Lokal um Fisch geht.

Innenarchitekt Marty Dorf hat seine Kindheit auf Coney Island verbracht, dem einst prächtigen Vergnügungspark von New York direkt am Meer. Das Flying Fish Cafe hat er als Homage an diese untergegangene Welt konzipiert, und dieses Konzept funktioniert dank seiner Authentizität. Kaum Kitsch, wenig Bombast, dafür Stil und Großzügigkeit. Und die Disney Corporation wäre nicht so erfolgreich wie sie ist, wenn USGastro-Highlights wie eine offene Showküche oder eine lange Theke als Kommunikationszentrum fehlen würden.

„Aber das wichtigste Kriterium für den Erfolg ist Begeisterung, Professionalität und Teamwork der Mitarbeiter“, heißt es beim Managerteam Eric Rudnick und John State. Was das konkret bedeutet? Bevor das Lokal im Oktober 1996 seine Pforten öffnete, wurden alle Mitarbeiter drei Wochen lang gründlich geschult – zwei Wochen lang in der Theorie und eine Woche lang in der Praxis. „Jeder Mitarbeiter wird getestet, ob er über die Zutaten der Gerichte Bescheid weiß, ob er Getränke zu den jeweiligen Speisen empfehlen kann, ob er Gäste, die Diät halten müssen oder rein vegetarisch essen wollen, beraten kann“, so Eric Rudnick. „Die Botschaft für den Gast soll lauten: Es gibt nichts, was wir hier nicht für Sie tun könnten.“

„Wir bieten Geschmack, nicht nur Farbe und Design.“

Beim Speisenangebot dominieren einheimische, saisonale Produkte. „Okay, wir haben Olivenöl aus Italien und Safran aus Spanien in der Küche“, so der Manager, „aber alle frischen Zutaten sind so amerikanisch wie möglich. Die Gefriertruhe wurde aus der Küche verbannt, das Küchencredo lautet: „Wir wollen Geschmack bieten, nicht nur Farbe und Design.“ Die Gerichte rangieren nach Florida-Maßstäben in der gehobenen, aber bezahlbaren Preiskategorie, Gerichte wie „Sesamecrusted Yellow Fine Tuna“ oder „Potato Wrapped Snapper“ stehen in der Gunst der Gäste hoch im Kurs.

Ernst genommen wird das Motto „Alles ist möglich“ bzw. „Der Gast hat immer recht.“ Und wenn er im Fischrestaurant keinen Fisch essen will? Dann bekommt er eben das „Oak-Wood Grilled Double Cut Pork Chop“, banal gesagt „Gegrilltes Schweiners“. Für die US-Gastronomie ist das kein Problem. Falls bei uns ein Ober die Nase rümpfen würde über einen Gast, der statt dem Seelachs lieber Schnitzel mit Pommes möchte, ist das sicher nicht das Problem des Gastes, sondern des betreffenden Lokals.

Genauso abwechslungsreich wie die Speisekarte ist das Getränkeangebot im Flying Fish Cafe. Den exquisiten kulinarischen Genüssen angemessen kann der Gast zwischen 20 verschiedenen Champagner-Marken wählen. Und wenn er trotzdem lieber Bier trinkt? Auch dann wird er nicht schief angesehen, sondern auf ein exklusives Angebot hingewiesen. Im US-Bundesstaat New Jersey (gegenüber von New York) gibt es eine Micro-Brewery, die den Namen Flying Fish Brewing Company trägt und ein exzellentes und berühmtes Bier braut. Als einziges Lokal außerhalb von New Jersey führt das Flying Fish Cafe dieses Flaschenbier!

Spaß mit der „Sharing fork“

Als einziges Lokal auf der Welt serviert das Flying Fish Cafe zu seinen gewaltigen Dessert-Kreationen wie „Warmer Schokoladen-Lava-Kuchen“ eine „sharing fork“ für zwei. Diesen Spaß lassen sich die wenigsten Gäste entgegen – sich zu zweit mit der rund 50 Zentimeter langen Gabel über die Nachspeise herzumachen.

Das Flying Fish Cafe am Disney Boardwalk in Orlando/Florida hat Erfolg. Die Plätze sind heiß begehrt, in der regionalen Presse hat das Restaurant innerhalb kurzer Zeit einen Platz unter den „Top 20“-Lokalen in Florida erobert. – Na klar, typisch Disney! Die haben halt das Geld, sich den Erfolg zu kaufen!?

Wer so denkt, schaut nicht genau hin. Ob in Orlando oder Osterhofen, gastronomischer Erfolg hängt in erster Linie von ein paar leicht identifizierbaren Kriterien ab: eine straffe Führung und ein klares Konzept , ein kompetentes und freundliches Personal, ein stimmiges Ambiente (das auch mit weniger Aufwand als im Flying Fish Cafe erreicht werden kann), ein Speisen- und Getränkeangebot mit einem vernünftigen Preis-/Leistungsverhältnis. Wenn dann noch ein paar originelle Ideen wie die „Sharing fork“ hinzukommen, bleibt der Andrang der Gäste nicht aus.

Foto: Walt Disney

Erschienen im Gastronomie-Report 7/1998.

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