Projekt Beschreibung

Schlosswirtschaft Zur Schwaige, München


Zu den Spargelwochen geben sich (Spargel-)Könginnen und Minister ein Stelldichein (Foto: Kuhn)

„Jetzt ist doch Spargelzeit. Da müssen wir unbedingt zu den Gaßners.“ Unter den Liebhabern des „königlichen Gemüses“ im Großraum München hat sich die Schloßwirtschaft „Zur Schwaige“ längst einen festen Platz erkämpft.

Vom Wirtsehepaar Anneliese und Josef Gaßner kann man lernen, wie man sich mit einem Gemüse perfekt positioniert. – Nicht, um den Gaßners ihren Spitzenplatz beim Spargel streitig zu machen, das dürfte auch schwierig sein, sondern um dieses Konzept auf ein anderes Gemüse anzuwenden.
Ein Blick auf die Speisekarte sagt schon alles: Was darf’s sein? Zum Beispiel Spargelsülze oder Spargelcocktail zur Vorspeise? Oder eine Spargelrahmsuppe? Als Hauptgericht Spargel du Chef oder Spargel „Feinschmeckerart“? Oder an heißen Tagen einen Spargelsalat als kaltes Gericht?
Jedes Frühjahr dreht sich in der „Schwaige“ im Schloß Nymphenburg alles um den Spargel. Wie vielseitig dieses Gemüse ist, beweisen die Gaßners schon auf ihrer Speisekarte: 6 verschiedene Vorspeisen, 3 Suppen, 25 Hauptgerichte und 3 kalte Gerichte – Spargelfreund, was willst du mehr? Richtig zubereitet, schmecken die langen Stangen zu Grönland-Krabben genau so gut wie mit Kräuterflädle oder einfach nur mit heißer Butter. Als „Beilagen“ zum Spargel werden u.a. gereicht: Truthahnschnitzel, Schweinemedaillons und Original Parmaschinken! Selbst Spargeleis als Dessert hat’s in der „Schwaige“. schon gegeben. Doch bei aller Liebe zum Spargel, selbst Josef Gaßner räumt ein: „Geschmacklich hat’s das Eis nicht gebracht.“

Nützliche Informationen für den Gast
Schweinemedaillons mit Spargel – paßt das zusammen? In der „Schwaige“ wird derGast mit dieser Frage nicht allein gelassen. Er wird nicht nur kulinarisch verwöhnt, er erfährt auch alles Wissenswerte über den Spargel. Zum Beispiel: „100 Gramm geschälter Spargel enthalten nur ca. 15 Kalorien, eine gute Portion von 500 Gramm also nur 75 Kalorien. Das läßt auch mit großem Kalorienbewußtsein noch sehr viel Spielraum, sich eine passende Beilage auszuwählen.“
Ein perfekt gemachter Happen Information für den Gast, das muß man den Gaßners lassen! Ihre Spargel-Zeitschrift versorgt den Gast mit allerlei nützlichen Informationen. Tips für den Einkauf („Daran erkennt man frischen Spargel: Die Schnittflächen müssen saftig, die Köpfe fest und geschlossen sein“) und für die Zubereitung findet man darin ebenso wie Hinweise auf den Spargel-Service der Gaßners. Tips für den Spargel-Einkauf brauchte der Gast genau genommen gar nicht, er kann ihn nämlich, geschält und ungeschält, auch direkt bei den Gaßners bestellen („Unser Spargel-Service für Ihre Frühjahrskur zu Hause: Nehmen Sie den Spargel mit oder sollen wir ihn liefern?). Fast selbstverständlich ist da wohl, daß in der „Schwaige“ Spargelcremesuppe im Einmachglas für vier Personen oder Spargelsalat zum Mitnehmen für den Gast bereitgehalten wird.

Bis ins letzte Detail ausgefeilt
Ein ausgefeiltes Konzept erkennt man am Detail. Was braucht der Gast, der den Gaßner-Spargel ungeschält mit nach Hause nimmt? Natürlich einen Spargelschäler! Den gibt’s in der Schloßwirtschaft auch zu kaufen – für fünf Mark. Und damit es den Gästen daheim ähnlich gut schmeckt wie in der „Schwaige“, können Sie gar Rezepte mit nach Hause nehmen, sofern sie den Bildband „Asparagus-Vom Zauber des Spargels“ erstehen.
Mit bloßer Geschäftemacherei hat das Ganze übrigens wenig zu tun. Die Gaßners waren schon vom Spargel überzeugt, als er noch längst nicht in aller Munde war. „Wir waren damals das erste Lokal, das voll auf den Spargel setzte“, erzählt Anneliese Gaßner. „Damals“, das heißt Anfang der 70er Jahre in Schrobenhausen. Damals hat die gerade 19jährige, frisch verheiratete Wirtin im Schrobenhauser Bräustüberl angefangen, das Gemüse vor der Haustür als Delikatesse für die Städter anzubieten. Josef Gaßner präsentierte das edle Gemüse auf dem Münchner Viktualienmarkt, Werbetafeln lockten bald Gäste aus einem Umkreis von 100 Kilometern während der Spargelzeit in die Provinz. Der Umzug der Gaßners nach München 1980 war fast logische
Konsequenz des Erfolges.

Das Beispiel des „Spargel-Konzepts“ könnte-wenn auch nicht in allen Details – auf andere Gemüse übertragen werden. Ein weites Feld wartet darauf, beackert zu werden: Welcher Gastronom wird Kohlrabi-Professor von München? Oder der Spinat-König von Rosenheim? So verrückt, wie sie klingen mag, ist die Idee nicht. In einem früheren Konzept-Bericht haben wir bereits gezeigt, wie sich rund um den Knoblauch ein erfolgreiches Gastro-Konzept auf die Beine stellen läßt. Man sollte seinen Gästen allerdings schon etwas zu bieten haben, wenn man sich bei einem bestimmten Gemüse profilieren will. Wie Anneliese und Josef Gaßner halt.

Dieses Gastro Konzept ist erschienen im Gastronomie-Report 4/1995
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