Projekt Beschreibung

„Papa Joe’s“, Basel – durchdacht bis ins letzte Detail

„Fun, Food at its best. High Quality“- nach diesem Motto hat die Schweizer Gastro-Gruppe Gastrag in Basel kürzlich das „Papa Joe’s – American Restaurant and Bar“ eröffnet. Warum wir gerade ein Lokal aus der Schweiz vorstellen, obwohl es auch bei uns eine ständig steigende Zahl an heißen Tex-Mex-Plätzen gibt, hat einen ganz einfachen Grund. Obiges Motto ist keine Floskel, sondern ein perfekt umgesetztes Konzept.

Am Baseler Papa Joe’s lässt sich überdies sehr schön zeigen, dass Erfolg in der Gastronomie planbar ist. Anders gesagt: Wie viel konzeptionelle Arbeit dahintersteckt, damit ein Lokal bei den Gästen ankommt. Der Gast (und mancher Wirt) sieht ja meist nur das Resultat. Im Falle von Papa Joe’s heißt das: Kurze Zeit, nachdem das Lokal um 17 Uhr seine Pforten öffnet, bevölkern jede Menge hübscher Frauen die Bar. Und wo hübsche Ladies sind, kommen die männlichen Gäste von ganz alleine.
Um einen Platz an einem der Tische zu bekommen, sollte man am besten rechtzeitig vorbestellen. Das Essen schmeckt hervorragend und ist für Schweizer Verhältnisse erschwinglich. Geboten wird „borderline“, also eine Anzahl typischer Gerichte der amerikanischen „homecooking“- Küche, gemixt mit Cajun- und Mexican Goodies. Wenn Gäste zum erstenmal ins Papa Joe’s kommen, fallen fast unweigerlich Bemerkungen wie „Ist das toll, hier!“ oder „Perfekt gemacht“. Das Lob gilt dem Ambiente, der Raumaufteilung, der Dekoration.
Warum „brummt“ das Papa Joe’s? Was lockt die Schönen und Reichen und Otto Normalverbraucher in Scharen an? Alles Zufall? Liegt es daran, weil die Leute einfach auf Tex-Mex stehen? Der Ethno-Trend spielt gewiss eine Rolle, aber nicht der Zufall. Eher schon harte Arbeit.
Beim Ambiente lässt sich das wohl am anschaulichsten beweisen. Zum Flair des Lokals tragen unzählige Bilder, Gebrauchsgegenstände, Lampen, etc. bei. Nach diesem Deko-Material haben die Macher des Lokals, Robert Keppler und Jürg Wartmann bei einer Erkundungstour durch die Südstaaten der USA gefahndet und in großen Paketen in die Schweiz verfrachtet. Schlicht perfekt sind die Malerarbeiten an Wänden und Decken. Die Patina der warmen, sanft erdfarbenen Töne verrät den Könner. Den entsprechenden Künstler haben die Schweizer in Österreich aufgestöbert! Die geschickte, optische Unterteilung des Restaurants (150 Plätze, zum Teil über eine Brücke erreichbar) in verschiedene Zonen erleichtert das Wohlfühlen an jedem Platz und Tisch, ohne dass dadurch die luftige Raumgröße verlorengeht.

Beim Speisenangebot ist man im Papa Joe’s einen interessanten Weg gegangen. Dort wird nicht gefragt: Wie viel muss ich für das Gericht X verlangen, damit ein Gewinn übrigbleibt? Hier heißt es: Wie viel ist der Gast bereit, für Vorspeise, Hauptgericht, Dessert auszugeben? Dementsprechend wurde das Speisenangebot zusammengestellt. „Codfish Key West“, Dorschfilet – weich gebettet auf Blattspinat und Peperonistreifen – für 22.50 SchweizerFränkli. Wie geht das?
Die Antwort liegt in angewandter, moderner Küchentechnologie. Im Papa Joe’s wurden die geplanten Gerichte in ihre Einzelteile zerlegt, um den optimalsten Convenience-Grad jedes einzukaufenden Produkts festlegen zu können. Zu den weiteren Schritten gehörten u.a.: Tests und Analysen von bereits im Markt erhältlichen Convenience-Teilen; das Einholen von Kostenvoranschlägen für Convenience-Produkte nach eigenen Rezepturen bei den einschlägigen Anbietern; schließlich das Auswählen jener Gerichte für die Speisekarte, die im vorgegebenen Kostenrahmen machbar sind.

Und erst, als die Macher des Papa Joe’s diese Auswahl getroffen hatten, hieß er nächste Schritt: Küchenplanung. Denn dank des konsequenten Einsatzes von zugekauften Convenience-Produkten entfallen ja eine Menge Arbeitsschritte in der Küche. Um ein Beispiel zu nennen. Die typischen Kartoffel-Spezialitäten der amerikanischen Borderline-Küche wurden bei der Firma Kadi (Hersteller von Kartoffelprodukten) exklusiv für das Papa Joe’s als Convenience- Produkt entwickelt. „Eine hohe standardisierte Produktqualität, eine Frische-Garantie und ein marktfähiges Preis-Leistungsverhältnis“ nennt Robert Keppier von der Gastrag als Hauptmotiv für die Kooperation mit Convenience- Food-Partnern. Den Gästen, das beweist jeder Besuch im Papa Joe’s, schmeckt’s.
Was wiederum zeigt, dass die geschickte Verwendung hochwertiger Convenience- Produkte keine Qualitätsverschlechterung zur Folge hat. Das eben gesagte gilt natürlich nicht nur für den Tex-Mex-Bereich. Von der Auswahl der Speisen und der Kalkulation der Preise könnte sich so manch anderer Wirt eine Scheibe abschneiden, wenn auch beispielsweise der Umgang mit Convenience-Anbietern für den einzelnen Wirt anders aussieht als für die Gastrag, die ihr Papa-Joe’s-Konzept nicht nur auf Basel beschränken wird.
Was man im Papa Joe’s an Hardware und Personal in der Küche spart, wird übrigens zum Teil in den Service gesteckt. Dort gibt es freundliche Bedienungen! Und nicht nur das. Für den Empfang, die Betreuung und die Verabschiedung des Gastes sind Hostessen zuständig.

Bleibt noch eine Frage: Warum kommen so viele hübsche Frauen ins Papa Joe’s? Wenn jedes Detail stimmt, entsteht ein besonderes Flair. Und dann ist auch an der Bar immer was los. Vor allem dann, wenn sie mit 16 Barstühlen, mehreren Stehtischchen mit Hockern und unzähligen Stehplätzen so konzipiert ist, dass sie nicht leer erscheint, wenn erst wenige Gäste da sind, und nicht überfüllt wirkt, wenn 60 oder 70 Gäste da sind. Die müssen dann halt enger zusammenrücken. Was beim Flirten ja gar nicht so schlecht sein soll.

Fotos: Papa Joe’s

Erschienen im Gastronomie-Report 03/1996

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