Projekt Beschreibung
Restaurant Palavrion, Köln
Arbeiten in jungen Teams – Junge Menschen, die im Team alle gastronomischen Aufgaben selbständig erledigen, täglich frische Ware von regionalen Märkten einkaufen und einen neuartigen Infrarot-Fernorder-Service am Tisch gewährleisten: Das sind drei wesentliche Neuerungen, die jetzt erstmals im neueröffneten Restaurant „Palavrion“ in Köln (270 Plätze, 90 Mitarbeiter) miterlebt werden können.
Neben der Kölner Oper und dem Schauspielhaus hat der Mövenpick-Konzern den ersten Betrieb eines neuen Gastronomie-Typs eröffnet. Weitere Betriebe dieser „Machart“ sind in Toronto und Zürich geplant. Denn Mövenpick sieht im „Palavrion“ das Restaurant der Zukunft.
Mit der Entwicklung des „Palavrion“ wollte Mövenpick „seine Rolle als Leader und Trendsetter“ beweisen, erläuterte Konzern-Leitungsmitglied Dieter von der Burg – oberster Chef der 17 Betriebe in Deutschland – vor der Presse. Für Mövenpick Deutschland solle „Palavrion“ das „Kerngeschäft im gehobenen Mittelfeld“ werden. Der Konzern werde „auf den Fastfood-Trend eine erfolgreiche Antwort finden“, versprach von der Burg. Geboten werden Produkte, die täglich frisch möglichst direkt beim Produzenten eingekauft werden. Im „Palavrion“ werden sie an Fisch-, Fleisch-, Gemüse-, Pasta-, Obst-, Salat- sowie Dessert- und Kuchenständen aufwendig in Szene gesetzt. Sie werden dem Gast offen präsentiert und vor seinen kritischen Augen zubereitet.
Mit dem Einkauf frischer Waren wechselt die Speisekartetäglich; über deren besondere Angebote wird zusätzlich auf Tafeln informiert. Das Angebot an den einzelnen Ständen wird an die jeweilige Tages- beziehungsweise Essenszeit angepaßt: Frühstück gibt es von 8 bis 12 Uhr, die gesamte Speisekarte mit zusätzlichen Delikatessen von 12 bis 24 Uhr, Kuchen- und Dessertbuffet von 12 bis 24 sowie Eis und Drinks von 8 bis 24 Uhr.
Vollkommen neu im „Palavrion“: das Servicekonzept und die Arbeitsorganisation. Die jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten in Teams, die von der Angebotsplanung, vom Einkauf der Produkte über deren Produktion bis hin zum Service am Tisch ganzheitlich für das Wohl des Gastes verantwortlich sind. In jedem Team muß jeder jede Aufgabe vom Einkauf über Zubereitung bis Service übernehmen können.
Höchstmaß an Kreativität und Sorgfalt
Köche, Restaurantfachleute, Konditoren, Bäcker, Hausfrauen, Studenten, Ein- und Umsteiger aus mehreren Ländern arbeiten zusammen. So soll einerseits ein Höchstmaß an Kreativität und Sorgfalt gesichert, andererseits eine herzliche, persönlich individuelle, kommunikative und damit auch ehrlich-ungezwungene Note geschaffen werden. Zur kommunikativen Atmosphäre im „Palavrion“ soll die Innenarchitektur mit viel Transparenz, Farben und Licht wesentlich beitragen. Eine zusätzliche sinnliche Note wird durch eine wechselnde Ausstellung regionaler Künstler beabsichtigt.
Die Bestellung des Gastes wird von den jungen Menschen im Service als Gastgeber direkt am Tisch in ein tragbares High-Tech-Modul eingegeben, das die Order mit Infrarotübertragung sofort im Betrieb weitergibt. Die bestellten Getränke kommen ohne Verzögerung an den Tisch, während der Gast noch im Gespräch mit seinem Gastgeber ist. In einem zweiten Schritt soll später eine Chipkarte eingeführt werden, mit der der Gast an jedem Stand bestellen kann oder nach dem Essen an die Bar wechselt, ohne jeweils bezahlen zu müssen. Die Endabrechnung aller im Restaurant konsumierten Speisen und Getränke wird dann über die Chipkarte an einer Check-out-Kasse erstellt.
„Bis an die Haarspitze motiviert“
Die Teams an den einzelnen Bars bereiten die bestellten Speisen stets frisch zu und bringen diese selbst zum Gast; Köchin oder Koch präsentieren ihre kreative Leistung also direkt am Tisch. Der Gast kann allerdings je nach seiner Stimmungslage entscheiden, ob er sich selber bedienen oder bedienen lassen will. Er kann seinen Platz wechseln und hat dabei die Wahl zwischen Barhocker, Steh- oder Sitztischen.
„Palavrion“-Betriebsleiter Karl Hutter – einer der geistigen Väter des Pilotprojekts – umreißt „Flexibilität“ und den Wegfall der bekannten klassischen Hierarchien als Kernbegriffe des neuen Restaurants. Natürlich solle es aber auch „deutlich bessere Kostenstrukturen haben und damit eine Steigerung der Rentabilität bewirken.“ Für das erste Jahr hat sich das „Palavrion“ in Köln das Umsatzziel von zehn Millionen DM gesetzt.
Erreicht wird die Kostenreduzierung nach den Darlegungen von Karl Hutter hauptsächlich durch:
- den Wegfall der traditionellen Produktionsküche;
- den Wegfall der traditionellen Konditorei und Patisserie;
- die Flächenverringerung bei überdimensionalen Kühl-lund Tiefkühlräumen und bei Lagerflächen, an deren Stelle der täglich frische Einkauf mit Frischprodukten tritt;
- reduzierte Nebenraumflächen;
- flache Hierarchien;
- einfache Abläufe;
- flexibel einsetzbare Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Die ersten Wochen seit der „Palavrion“-Eröffnung Ende April 1994 bilanziert Hutter mit großer Zufriedenheit: „Die Stimmung im Betrieb ist toll; die Mitarbeiter sind bis an die Haarspitze motiviert. Und die Gäste spüren das zu jeder Tageszeit.“ Mit „Palavrion“ setze Mövenpick einen „wegweisenden Trend für die internationale Gastronomie.“
Foto: Mövenpick-Dienstleistungs AG
Dieses Gastro Konzept ist erschienen im Gastronomie-Report 6/94
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