Projekt Beschreibung

Osteria Al Matro, Ristorante Centrale, Tessin

Wo die Gäste beim Grillen so richtig heiß gemacht werden – Sommerzeit, Reisezeit. Wir haben einen Trip ins Tessin gemacht, wo der Gast an allen Ecken und Enden auf höchstem kulinarischem Niveau verwöhnt wird. Um als Wirt in dieser Umgebung bestehen zu können, sind Phantasie und eine klare Positionierung nötig – wie unsere beiden Musterbeispiele zeigen.

Die Osteria Grotto Al Matro liegt direkt am Wanderweg „Collina Alta“, inmitten der Natur, rund 20 Autominuten von Locarno entfernt. Die Lage ist sensationell, aber gleichzeitig weit ab vom Schuß. Zufällig verirrt sich da so gut wie kein Gast hin. In und rund um Locarno gibt es zudem eine Reihe hervorragender Lokale. Warum also die beschwerliche, kurvenreiche Anfahrt in Kauf nehmen? Gibt es in der Grotto Al Matro etwas Besonderes?

Ja, Fleisch! Wer glaubt, mit diesem Allerwelts-BSE-verdächtigen-Produkt ließe sich kein Gast mehr hinterm Ofen hervorlocken, der hat den Ofen inmitten der Tessiner Grotto noch nicht gesehen. Im nächsten Heft präsentieren wir Euch die „Küche der Zukunft“, in diesem Konzept sozusagen die „Küche der Vorzeit“, die sensationell aktuell sein kann. Alle reden vom Frontcooking, im „Al Matro“ steht Wirt Claudio Meschini vor seinem granit-gemauerten, wunderschönen Holzgrill und zelebriert eher nebenbei die hohe Schule der Erlebnisgastronomie.

Wer ins „Al Matro“ kommt, der bestellt ein leckeres Stück Fleisch – edle Teile von Hirsch, Reh, Rind & Co. – nimmt Platz und sieht dem Wirt bei seiner Arbeit staunend zu. Über dem Kochrost steht eine Art Wiege, in der dicke Holzstücke kunstvoll übereinandergeschichtet und verfeuert werden. Mit einem langen Schieber zieht der Wirt die Glut herunter und plaziert sie unter die Fleischstücke, je nachdem, wie viel Hitze das Fleisch gerade benötigt.

Als Gast hat man den Eindruck: „Da grillt der Gastgeber, ein Könner seines Fachs, nur für mich.“ Wenn das Fleisch kurz vor dem Garpunkt ist, wird der Wirt ganz aufgeregt. Da noch schnell ein Glutstück unterschieben, dort noch kurz die Lage des Fleisches auf dem Grill minimal verändern, schnell noch ein bißchen Olivenöl mit Balsamico draufpinseln – dann ist das Stück exakt nach den Wünschen des Gastes zubereitet, sozusagen perfekt al dente. Die Gäste haben sich zu diesem Zeitpunkt schon längst von der Spannung und der Vorfreude des Wirts anstecken lassen und können es kaum noch erwarten, endlich den ersten Bissen zu kosten.

Beschränkung auf das Wesentliche, weniger ist mehr. Im „Al Matro“ wird auf Schnickschnack verzichtet, das Angebot ist einfach, ehrlich, hochwertig. Das Fleisch muß nicht extra gewürzt oder eingelegt werden. Es wird nur kurz mit Olivenöl und Balsamico bepinselt und dann ab auf den Grill. Nichts soll den tollen Eigengeschmack, der durch die Grillkunst so richtig aus dem Fleisch herausgekitzelt wird, stören oder überlagern.

Die fast familiäre Atmosphäre in dem kleinen Lokal (innen 45 Plätze, draußen 80 Plätze) wird durch die „Beilagen“ noch verstärkt. Der Salat (mit hauseigenem Essig angemacht) kommt in großen Schüsseln auf die Tische. Man bedient sich selbst, wie daheim bei Mama, und ißt den Salat als Vorspeise, während man dem Wirt beim Grillen zuschaut. Die Beilagen zum Fleisch werden aus großen Pfannen neben dem Grill auf die Teller gegeben – bei unserem Besuch gab’s in Olivenöl geschmorten Bio-Mangold mit üppig gehäuftem Parmesan, Karottenstiften und kleinen, kross gebratenen Rosmarinkartoffelwürfeln. Die Auswahl ist zugegebenermaßen nicht riesig, aber alles, was es gibt, ist frisch und selbst gemacht.

Im Tessin kaum der Rede wert, aber für deutsche Besucher trotzdem sensationell: Für ein Lokal dieser Größe bietet die Osteria ein sagenhaftes Angebot an Topweinen aus dem Tessin und Italien.
www.osteria-matro.ch

Kein Witz: Spaghetti als USP
Centrale heißt das Lokal – halb Bar, halb Restaurant, das Gaby und Franco in Brione führen. In der Nachbarschaft stehen eine Reihe von Spitzenköche am Herd. Wie soll ein kleines Lokal da existieren, wie sich positionieren?

Die Antwort des Centrale ist so einfach, dass sie fast schon wieder genial ist. „Wir konzentrieren uns auf ein Produkt, auf eine Kernkompetenz. Wir machen Spaghetti – und sonst nichts!“ Genauer gesagt natürlich Soßen! Zwölf davon werden täglich im Centrale frisch gerührt.

Die Botschaft an den Gast ist klar: Wer Spaghetti nicht mag, braucht gar nicht zu kommen. Wer aber Lust auf Spaghetti hat, der ist im Centrale genau richtig. – Und diese bewußte Reduzierung des Angebots füllt das Centrale täglich mit zufriedenen Gästen, die genau wissen, was sie erwartet. – Selbst mit einem Allerweltsprodukt lässt sich also ein USP aufbauen – „best spaghetti in town“.
www.centrale-brione.ch

Erschienen im Gastronomie-Report 7/2001.

Foto: Al Matro

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