Projekt Beschreibung

KURTIS event gastronomie, Murnau

Wie man mit seinem Namen spielt, sich selber zur Marke macht und eine CI schafft, die selbst an der Adria wirkt, das hat der Murnauer Gastronom Kurt Höller fraglos drauf. Sein Vorname ist nicht nur Namensgeber des Unternehmens, sondern auch der hauseigenen Currywurst-Spezialitäten (KURTI & Curry) und sein Nachname stand Pate für den „Höllischen Flohmarkt“, der sechsmal im Jahr in Murnau stattfindet.
KURTIS Farbe ist ein appetitliches, warmes Orange. Das setzt Höller so konsequent ein – (Außenanstrich, Bestuhlung auf der Terrasse, eine orangefarbene Spezialanfertigung einer Espressomaschine von LaCimbali, …) dass ihm letztens ein Stammgast berichtete: „Wir waren in Italien in einem Restaurant, da war auch alles orange – da haben wir gesagt, schau mal, wie bei KURTI!“ So soll es doch sein!
Die Ausgangssituation war allerdings bescheiden, um nicht zu sagen eine gastronomische Katastrophe. Als Kurt Höller 2004 das Freibad in Murnau übernahm, war es eine Anlage mit einem hässlichen 50-er Jahre Betonklotz für Umkleidekabinen, Toiletten und den Imbiss mit Pommes und Bratwurst. Aber alles lag direkt am wunderschönen Staffelsee – mit Sonne von vormittags bis in die späten Abendstunden! „Da kann man doch mehr draus machen“, hatte sich der gebürtige Murnauer schon lange gedacht. Als die Stadt mal wieder nach einem neuen Pächter suchte, schlug er zu und machte sich an die Arbeit.
Wenn die Sonne scheint und die Badegäste kommen, ist ein Freibad ein bombiges Geschäft, da kann das gastronomische Angebot noch so mäßig sein. Bei Regenwetter oder wenn gar der Sommer ins Wasser fällt, ist es ein Fiasko, da kann das gastronomische Angebot noch so gut sein. Das musste auch Höller erkennen. Seine Idee, im Freibad ganzjährig ein Restaurant zu betreiben, ging nicht auf. Das hat er längst aufgegeben.
Statt die Gäste zum Umdenken zu bewegen, hat er dies selber getan und ist die Sache anders angegangen – und hat letztlich auf Umwegen sein Ziel erreicht: KURTIS event gastronomie ist ein erfolgreicher Ganzjahresbetrieb geworden.
Aber wir greifen den Dingen voraus. „Anfangs gab es nicht mal eine richtige Küche“, berichtet der gelernte Groß- und Einzelhandelskaufmann, „eine Arbeitsplatte mit Tisch-Friteuse, Bratplatte und Kaffeemaschine, das war’s.“ Ein Restaurant gab’s noch weniger. Höllers Lösung: Ein vorgebauter Wintergarten, der etwa 50 Gästen Platz bietet, wurde zum „Restaurant Lido“. Außerdem gehört eine große Terrasse zum Restaurantbetrieb. Die eigene Currywurst-Marke KURTI & CURRY sowie der Lido-Burger sind die Renner im Freibad, dazu gibt es eine tagesaktuelle Karte mit „Frischem vom Markt“.
Für das Problem, dass eine lange Schlange Badegäste an der Ausgabe aufs Essen wartet, hat Höller eine geschickte Lösung gefunden: bierdeckelgroße Pager, die zum Liegeplatz mitgenommen werden. 20 durchnummerierte Pager sind im Freibad im Einsatz. Wenn das Essen abholfertig ist, gibt der Service-Mitarbeiter die entsprechende Nummer in das Rufsystem ein und das Gerät signalisiert dem Gast durch buntes Blinken und Vibrieren, dass es so weit ist. „Die Gäste lieben die Dinger, vor allem die Kinder!“ lacht Höller. Weggekommen ist ihm übrigens noch keines von den „Dingern“.

Zurück zur Küche, der Schaltzentrale für den Erfolg von KURTIS event gastronomie. Das Wort „Küche“ lässt sich auch heute nur schwer für das Lido verwenden. Der Arbeitsplatz von Küchenchefin Sabine Schwinges ist eine Aneinanderreihung enger, verwinkelter Nischen. Aus Platzmangel hängt ein Großteil der Arbeitsgeräte, vom Schneebesen bis zum Seiher, an der niedrigen Decke. Um in dieser Küche zu arbeiten, darf man sich keine falsche Bewegung erlauben und „Gegenverkehr“ ist praktisch ausgeschlossen. „Wenn wir für die Saison Küchenpersonal suchen, gibt es regelmäßig große Augen“, berichtet Sabine Schwinges. Das liegt nicht nur an den Räumlichkeiten, sondern auch an „freeze’n’go“, dem revolutionären Kochsystem der Fa. Hugentobler, mit dem im Lido gekocht wird.
„Wenn sie „freeze’n’go“ hören, beginnen viele Bewerber, die mit einer völlig falschen Vorstellung zu uns gekommen sind (Bratwurst kann jeder!), zu stottern“, erzählt die Küchenchefin. „Manche sagen: Das kann ich nicht, das hab’ ich nicht gelernt. Andere freuen sich: Das wollte ich schon immer ausprobieren.“ Unter Sabine Schwinges haben sie die beste Gelegenheit dazu. Ihr ist zu verdanken, dass das Schweizer Kochsystem ins Murnauer Freibad kam. Als ihr Chef 2008 nach Salzburg zur „Alles für den Gast“ fuhr, teilte sie ihm mit, dass sie einen „Hold-o-mat“ für die Küche haben möchte.
Der Hugentobler-Außendienstmitarbeiter Tobias Huber beschreibt die erste Begegnung mit Kurt Höller so: „Er kam an unserem Stand vorbei, stoppte, grübelte und sagte: Meine Küchenchefin wünscht sich so ein Gerät!“ Nach einer ausführlichen Einführung war die Sache geritzt. Neben dem klassischen Geräte-Equipment (Gasherd, Friteuse, Grillplatten, usw.) hat das Lido inzwischen drei Hold-o-maten, einen Frigo Jet, zwei Sous-Vide Becken und 30 GreenVac-Schalen.
Sabine Schwinges schwärmt in den höchsten Tönen von freeze’n’go, gibt allerdings auch zu, dass man sich Reinarbeiten muss. Aber wenn man sich damit beschäftigt, eröffnen sich ganz neue Chancen und Horizonte. „Man kann (wieder) kreativ sein, kann alles kochen, hat vernünftige Arbeitszeiten, keinen Stress zu den Spitzenzeiten, weil man vorarbeiten kann, wenn sonst nichts zu tun ist“, so Sabine Schwinges. „Ich betrachte das als Privileg: Welcher Koch kann heute schon unter solchen Bedingungen arbeiten – mit frischen Produkten und Topware?“
Und das alles – Top-Geräte und ein intelligentes Kochsystem – für Currywurst und Pommes? Nein! Das alles ermöglicht eine frische Küche mit vorwiegend regionalen Produkten, in der fast alles selbst gemacht wird. Es ermöglicht das Catering, die Familienfeste, Betriebsfeiern und Großveranstaltungen, die KURTIS event gastronomie ausrichtet. Es versorgt teilweise das „Platzl“ am Dampfersteg mit – einen Kiosk mit Biergarten, der ebenfalls zum Unternehmen gehört und von Höllers Bruder Christian betrieben wird.
Und die Liste ist noch länger: Es macht das Wintergeschäft in der Murnauer Fußgängerzone möglich, das Gastronomie-Angebot auf dem „Höllischen Flohmarkt“, das große Uferfest am Staffelsee einmal im Jahr (das Höller wiederbelebt hat), eine Beachparty in Weilheim, und und und. Kurzum, es ermöglicht den Ganzjahresbetrieb. „Wir können Events für bis zu 1.000 Leute ausrichten“, so Höller begeistert. Jetzt muss die Gegenfrage kommen: In der winzigen, verwinkelten Küche? Höllers Antwort: „Ja!“
„In den Zeiten, in denen es ruhig ist, z.B. an Regentagen, kann ich alles vorbereiten“, erklärt die Köchin. Für die Leser, die sich unter freeze’n’go nur wenig vorstellen können. Das Grundprinzip ist, Lebensmittel oder auch tellerfertig gegarte, abgeschmeckte Speisen und Beilagen im FrigoJet Schnellkühler / Schockfroster zu kühlen und in GreenVac-Schalen zu vakumieren. So bleiben nach Angaben der Fa. Hugentobler der Geschmack, die Vitamine und der Saft erhalten – und die Produkte können ohne Qualitätsverlust bis zu 10 Tage gelagert werden.
„Ich kann tollen Fisch kaufen, wenn er gerade im Angebot ist. Fünf Minuten nach der Lieferung wird er schon verarbeitet“, berichtet Sabine Schwinges aus ihrer Küchenpraxis und schmunzelt: „Da wird auch schon mal gemeutert, wenn es gleich um 8 Uhr in der Früh ans Fischbraten geht. Aber wir wollen Top-Qualität und das ist die beste Methode, sie zu erhalten.“ Die Küchenleitsätze von KURTIS event gastronomie lauten: Wir verzichten auf Geschmacksverstärker, bevorzugen Fleisch aus artgerechter Tierhaltung und beziehen unsere Waren bevorzugt von heimischen Lieferanten. Wir kochen ohne chemische Zusätze und verwenden keine Fertigprodukte.“
Der Frigo Jet, das Vakuumiergerät und die GreenVac-Schalen sind die Basics für freeze’n’go. Der Hold-o-mat wird zur Produktion und zum Warmhalten genutzt. In den drei Geräten gart u.a. auch Fleisch oder Fisch bei Niedertemperaturen. „Wichtig ist es, hochwertige, ganz frische Produkte zu verwenden, kein TK“, so der Tipp der Köchin. Im Sous-Vide-Becken werden die Lebensmittel beispielsweise im Wasserbad bei niedrigen Temperaturen erwärmt, gegart oder warmgehalten. Die Besonderheit ist, dass die Temperaturen (von 48 bis 62°C) auf 0,2 Grad genau gehalten werden.
Ein Gespräch mit Sabine Schwinges über moderne Kochverfahren à la freeze’n’go kann Stunden dauern. Das schätzt auch der „Hugentobler-Mann“ Tobias Huber. Aus der ersten Begegnung auf der Salzburger Messe hat sich eine Freundschaft zwischen Huber und dem KURTI-Team entwickelt. Man trifft sich regelmäßig in der Küche und probiert was Neues aus. Davon profitieren beide Seiten. Tobias Huber bekommt die Praxisnähe, die er zur Kundenberatung braucht, und Sabine Schwinges viele Tipps und Anregungen.
Neben moderner Küchentechnik spielt die Koordination eine große Rolle für KURTIS event gastronomie. To-do-Listen und Arbeitspläne helfen bei Planung und Ablauf. Wenn es rund geht, weiß jeder Mitarbeiter, was er zu tun hat. „Die Pläne zu erstellen war viel Arbeit, aber anders geht es nicht“, so Sabine Schwinges. Das normale Tagesgeschäft im Freibad, dazu ein Geburtstag und vielleicht auch noch ein Höllischer Flohmarkt: Das alles an einem Tag ist machbar, wenn es exakt geplant und umgesetzt wird. Zum Team gehören 10 feste Mitarbeiter sowie 12 Minijobber und Teilzeitkräfte.
Die Saison im Freibad dauert von Mai bis Ende September. Im Oktober wird nur am Wochenende und nur bei gutem Wetter geöffnet. Parallel beginnt bereits im Oktober die Produktion für die Intermezzo Glühweinhütte in der Murnauer Fußgängerzone. Vom 1. Adventssamstag bis Heilig Dreikönig findet dort, direkt vor dem Rathaus, das Wintergeschäft (zuzüglich der Weihnachtsfeiern) von KURTIS event gastronomie statt. Neben selbstgemachten Plätzchen, Riesenlebkuchen, frischen Spekulatius-Waffeln und typischen Wintergetränken darf natürlich KURTI & CURRY nicht fehlen – allerdings in der „soften“ Variante für jedermann/-frau/-kind. Nach der Devise: „Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, kommen wir vom Freibad halt in die City!“
Im Januar und Februar ist es, von Familien- und Firmenfeiern abgesehen, recht ruhig. Wobei: Wenn der See zugefroren ist und die Leute zum Schlittschuhlaufen kommen, wird „mal schnell“ ein Winter-Barbecue auf die Beine gestellt. Da in der Küche sowieso gearbeitet wird, ist man in dieser Hinsicht recht flexibel. Ab März geht es dann dank „freeze’n’go“ an die Vorbereitungen für die nächste Saison.

KURTIS event gastronomie im Überblick

  • Freibad Murnau mit Restaurant Lido
  • Freibad als Partylocation mit Zelten
  • Catering & Partyservice
  • Biergarten Platzl am SeeIntermezzo Glühweinhütte
  • Höllischer Flohmarkt

KURTI bohrt den Zahnarzt an
Jedes Jahr druckt Kurt Höller 15.000 Imagebroschüren, die in Murnau ausgelegt und teilweise direkt an die Gäste geschickt werden. Wenn man darin blättert, stößt man auf Anzeigen, bei denen man sich doch etwas wundert, wer alles bei KURTI inseriert: Die Bäckerei, die Metzgerei und die Kaffeerösterei sind schlüssig, der Kassenhändler schon ungewöhnlicher, der Steuerberater – okay… Aber was macht der Zahnarzt in der Broschüre? „Wieso nicht?“, fragt Höller. „Er verdient doch auch an mir, wenn er meine Zähne macht.“ Für ihn läuft vieles nach dem Motto: Vernetzung hilft uns allen! So darf der Profifotograf, der für Höller tolle Bilder macht, im Freibad für sich werben. Und ein Murnauer Reisebüro, das seine Broschüre auslegt, ist im Gegenzug 1-2 mal im Jahr im Freibad mit einem kleinen Infostand vertreten.

KURTI & CURRY
Die Marke KURTI & CURRY ist in Murnau stadtbekannt. Auf den Grill kommen nur frische Bratwürste nach Thüringer Art von der Marktmetzgerei. Dazu werden Pommes und frische, hausgemachte Currysaucen in sechs „Scharfmachergraden“ gereicht. Der jeweilige Schärfegrad wird auf der Speisekarte durch die Zahl der Chili-Schoten kommuniziert. „Eine Schote“ ist KURTIS Klassiker mit einer wild-aromatischen Currymischung. „Zwei Schoten“ ist mit würzigen Zwiebeln und Madras-Curry abgeschmeckt. Drei ist exotisch, erotisch mit feiner Schärfe, vier hat die samtige indische Schärfe, fünf ist feurig scharf und sechs ist das Toplevel: Die höllische Schärfe der karibischen Inseln mit Habanero-Extrakt! Das höllische Gaumenerlebnis (da haben wir es wieder, das Spiel mit dem Namen) gibt es erst ab 18 – mit Personalausweis und auf eigene Gefahr!

Link: www.lido-murnau.de

Foto: KURTIS event gastronomie

Erschienen in Gastronomie-Report 09/2011

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