Projekt Beschreibung

holyfields – time to eat, Frankfurt

Wenn der PUK vibriert, gibt’s bei Peter, Paul & Mary das Essen
Aus verschiedenen Gastro-Konzepten das Beste nehmen, die einzelnen Bausteine optimieren und alles zu einem innovativen Ganzen zusammenfügen: Mit dieser Formel will das brandneue Quick Casual Restaurant holyfields Frankfurt und anschließend Deutschland und Europa erobern.

Die Einladung ins holyfields und gleichzeitig das Versprechen an Business-Leute, Touristen und Besucher, die zum Shopping in der Mainmetropole sind, lautet: „time to eat“. Diese will ihnen Gerhard Schöps, Erfinder und geschäftsführender Gesellschafter des holyfields mit Hilfe eines ausgeklügelten neuen Bestellsystems schenken. „Die Idee hinter dem holyfields zielt darauf ab, dem Gast mehr Zeit zum Essen, Genießen und Plaudern zu geben, als es bisher in der neueren Systemgastronomie üblich ist“, erklärt Schöps. Inspiriert wurde er durch seine eigene Erfahrung, dass die Zeit zum Essen immer kürzer wird und natürlich durch seinen früheren Job als Marketingchef bei McDonalds.

Wer sich in der Gastro-Szene auskennt und regelmäßig die Konzepte im Gastronomie-Report verfolgt, dem dürfte vieles bekannt vorkommen. Die Bezahlungsabwicklung ist ähnlich wie im GAST in München, die Bestellung erfolgt über ein Terminal – wie beim „New Generation McDonalds“ am Münchner Flughafen. Und auch die Küche ist ähnlich wie in anderen Quick Casual Restaurants organisiert (vergleiche dazu Vapiano oder Wagamama). Vieles ist also ein bisschen ähnlich, aber in der Gesamtsumme dann doch wieder anders und neu.

In den vergangenen 16 Monaten hat Gerhard Schöps seine Ideen gemeinsam mit unterschiedlichsten Fachleuten entwickelt und jetzt in einer rund 500 qm großen Gastro-Fläche im Frankfurter „Junior-Haus“ in 1a Lage umgesetzt. 1,5 Mio. Euro wurden in das Restaurant und rund 1 Mio. Euro in das gesamte Konzept und die Software gesteckt. Mit dem Ziel, ein multiplikationsfähiges Konzept zu schaffen, war vor allem die Software von zentraler Bedeutung. Schöps plant im kommenden Jahr weitere vier Eröffnungen in attraktiven „hungrigen“ Großstädten wie Berlin, Stuttgart, Hamburg und Leipzig. Nächste Ziele sind Österreich, die Schweiz, England und Frankreich. Bis 2013 sollen etwa 20 Standorte hinzukommen.

Genug der Vorrede bzw. Vorschau: Gehen wir rein ins holyfields und lassen uns Zeit zum Essen schenken. Das Restaurant hat von morgens 7.30 bis nachts um 24 Uhr geöffnet und hält – schnell, frisch, unkompliziert – für alle Mahlzeiten spezielle Gerichte bereit. Gleich nach dem Eintreten lernen wir PUK kennen. Damit ist nicht etwa die Super-Pin gemeint, die uns rettet, wenn wir unsere Handy-Pin dreimal falsch eingeben haben, sondern der kleine Kobold aus der germanischen Mythologie. Er sorgt dafür, dass wir zu unserem Essen kommen. Technisch gesehen handelt es sich bei PUK um einen Tagger, der dann doch mehr Ähnlichkeit mit einem Handy als einem Kobold hat.

PUK ist Sender und Empfänger zugleich. Er übermittelt per elektronischem Datentransfer unsere Wünsche an die Küche bzw. an die Ausgabestation und informiert uns, wann wir unser Essen bei „Peter, Paul oder Mary“ (den drei Ausgabeterminals) abholen können.

Die Bestellung wird vom Gast an einem der 14 Terminals im Eingangsbereich aufgegeben. Per Touchscreen kann man zwischen den Optionen „Essen“, „Trinken“ oder „Infos über das holyfields“ wählen, dann geht es weiter in die Untermenüs. Wer „Essen“ klickt, erhält eine Übersicht, was es alles zu essen gibt. „Touch“ auf weitere Informationen und ein Bild des Gerichts mitsamt Beschreibung erscheint auf dem Monitor, appetitanregend mit einer kleinen Animation hinterlegt. So sehen wir beispielsweise frischgeriebenen Käse auf den Salat „rieseln“. „Touch“ und der Salat ist auf unserer Bestellung.

Die Küchenrichtung beschreibt Schöps als „global Lifestylefood“ mit europäischen, amerikanischen und asiatischen Einflüssen. Dass für die Speisenamen Anglizismen gewählt wurden, mag Touristen freuen und im Hinblick auf die weitere holyfields-Expansion in Europa ist es sicherlich sinnvoll. Allerdings hätten es ruhig weniger zungenbrecherische Namen, die auch Leute mit schlechten Englisch-Kenntnissen halbwegs richtig aussprechen können, sein dürfen. Mit Gerichten wie „Capri Cruise“, Seaside Rendezvous“, „Jian Noddles“, „holyburger 1893“, „Fish & Chips reloaded“ oder „M.A.F.I.A“ reicht die Spannbreite von klassischen Lieblingsgerichten bis zu Eigenkreationen. – Wobei die holyfields-Macher einwenden können: Die Gäste müssen die Namen der Gerichte ja nicht aussprechen, sondern nur anklicken!

Auf die „holypotatoes“, den Star unter den Sättigungsbeilagen, sind Schöps und sein Koch und Food-Entwickler Klaus Breinig besonders stolz. Dabei handelt es sich um Kartoffelspalten mit Schale (80% vorgegart), die mit Extra Virgin Olivenöl, grobem Meersalz und frischem Rosmarin in einem eigens dafür konzipierten Band-Heißluftofen gebacken werden. In kleine originelle Tüten abgefüllt, kommen sie knackig heiß auf den Teller. Was den ein oder anderen Gast beim Blick in die offene Küche wundern wird: Es gibt keine Friteusen. Die holypotatoes werden wie gesagt im Heißluftofen gebacken, die Nudeln im Nudelwarmbad erwärmt, viele weitere Gerichte werden im WOK oder klassisch auf dem Herd zubereitet. Aber auf Friteusen wird verzichtet. Das war Schöps in Hinblick auf seinen Anspruch an eine gesunde Küche wichtig

Ach ja, wir stehen noch am Terminal, das kommt von der Geschwätzigkeit. Die gewünschten Speisen sind jetzt ausgewählt. In der Übersicht wird die komplette Bestellung samt Preis angezeigt. Alles in Ordnung? Dann den PUK unten an den Transmitter halten und schon ist die Bestellung in der Küche. Was ist mit den Freunden, die sich nicht so schnell entschließen konnten? Müssen sie warten, während die ersten schon essen? Nein! Gäste, die zusammen gehören, werden von den Mitarbeitern am Empfang als Gruppe registriert, der PUK ist so eingestellt, dass auf die letzte Bestellung gewartet wird. So ist ein gleichzeitiges Finish sichergestellt.

Die Getränke können gleich mit dem Essen am Terminal geordert und dann an der wohlsortierten Bar abgeholt werden. Wer’s vergessen hat, sich nicht entscheiden konnte oder aus einem anderen Grund direkt an der Bar bestellen möchte, hat kein Problem. Durch die „Aktivierung“ am Terminal kann jetzt mit dem PUK auch direkt an der Bar bestellt oder an den Ausgabestationen „Peter, Paul & Mary“ ein Nachschlag geholt werden.

Mit Peter, Paul & Mary sind wir bei der Einrichtung angelangt: Eine moderne Interpretation der 60er, 70er Jahre, ein gemütliches Ambiente, in dem man sich gern länger aufhält. Die verschieden gestalteten Sitzbereiche ermöglichen traute Zweisamkeit oder geselliges Beisammensein in der Gruppe. Wer alleine kommt und Anschluss sucht, findet am langen Tisch einen Platz mit kommunikativen Möglichkeiten. Nach wenigen Minuten meldet sich dann PUK durch Vibrieren und ein akustisches Signal teilt mit, dass das Essen bei Peter, Paul oder Mary abgeholt werden kann. So gibt es kein Warten in der Schlange, sondern reichlich „time to eat“. Die chromblitzenden Ausgabe-Stationen haben mit den drei legendären Folksängern zwar nichts gemein, außer dass es sich um ein Trio handelt. Aber die Namensgebung sorgt für Gesprächsstoff und ist vor allem für die 40+ Gäste ein „Talk about“.

Der holywater-Brunnen dürfte ebenfalls für Gesprächsstoff sorgen. Hier kann sich der Gast kostenlos Tafel-Wasser ins Glas zapfen. „Wir möchten, dass der Gast seinen Mittagstisch mit maximal 10 Euro bestreiten kann“, erklärt Gerhard Schöps den ungewöhnlichen Service. „Selbst wenn er das teuerste Hauptgericht (9,75 Euro) wählt, muss er die Zehn-Euro-Schwelle nicht überschreiten, da er sich am Table-Water-Brunnen kostenlos bedienen kann.“

Wenn die „time to eat“ dann doch irgendwann endet und es nach einem Kaffee oder Absacker in der Lounge Zeit zum Gehen wird, regelt PUK die Bezahlung. Er wird am Ausgang abgegeben, eingelesen und nach Begleichung der Rechnung auf Null gestellt, um auf seinen nächsten Gast zu warten.

Damit sind wir im holyfields durch? Nein, es geht noch raus und wieder rein. Bislang waren wir nur im Restaurant. Eilige Gäste, die das Geschenk „time to eat“ nicht annehmen wollen, bleiben nicht auf der Strecke. Für sie gibt es „holyfields“ zum Mitnehmen. Der holyfields-Take-away-Shop wird über einen eigenständigen Eingang betreten, damit die Gäste im Restaurant nicht beim Essen gestört werden. Angeboten werden u.a. Salate, Wraps und Sandwiches, die speziell fürs Take-away entwickelt wurden. Wie gesagt, im holyfields kommt einem so manches von irgendwoher bekannt vor, aber in der Summe handelt es sich doch um etwas Neues, etwas Eigenständiges.

Erschienen in Gastronomie-Report 9/2010. Über die weitere Entwicklung ist uns nichts bekannt.

Foto: holyfields

Für weitere innovative Ideen für Gastronomie, Bar und Hotels empfehlen wir Ihnen ein Jahresabo des Gastronomie-Report.