Projekt Beschreibung
„Weibamarkt“ im Gasthof Pfeiffenthaler, Bad Feilnbach

Wenn im „Zaubergarten“ die Marktfrauen rufen…
Exotische Trommelklänge, duftendes Räucherwerk und kulinarische Schmankerl wie Waldmeisterbowle und Schmalznudeln… – Wer sagt, dass im Biergarten nur Brezn, Bier und Blasmusik gehen? Was passiert, wenn 70 „Weiber“ den Freiluft-Bereich übernehmen, zeigt Agnes Pfeiffenthaler in Bad Feilnbach. Zweimal im Jahr veranstaltet die Wirtin vom Gasthof Pfeiffenthaler ihren „Weibamarkt“ – und lockt damit tausende Besucher aus nah und fern an!
„Ein ausgefallenes Warenangebot in Verbindung mit Konzerten, Seminaren und Vorträgen!“ – Unter diesem Motto geht der „Weibamarkt“ seit 2003 jeweils an drei Tagen im Frühjahr und Herbst über die Bühne. Diese Termine hat Agnes Pfeiffenthaler bewusst gewählt, um die ruhigere Nebensaison mit Leben, und vor allem mit Gästen zu füllen. Und die dürfen sich bei ihrer Ankunft auf einen gewaltigen Besucherandrang einstellen. Zwischen 6.000 bis 10.000 Besucher strömten allein bei der letzten Veranstaltung nach Bad Feilnbach. Der nächste „Weibamarkt“ ist schon fix. Vom 29. April bis 1. Mai 2011 wird der idyllische Gasthof Pfeiffenthaler wieder ungewöhnlicher Schauplatz eines bunten Markttreibens.
Auf einer Gesamtfläche von rund 4.000 Quadratmetern laden Agnes Pfeiffenthaler und ihre 70 „Marktweiba“ zum Einkaufen, Flanieren und Verweilen ein. Eintritt gibt es keinen, dafür alles, was das (Frauen-)Herz begehrt und die Seele baumeln lässt. Herzstück des Marktes ist der Biergarten. Hier können die Besucher hausgemachte Waldmeister-Maibowle und Schmalznudeln probieren, an den Verkaufsständen der „Marktweiba“ Holzkunst, G‘wand oder Honig kaufen und im überdachten „Salettl“ mystischen Gedichten und Lesungen lauschen.
Aber auch außerhalb des Biergartens begeistern viele verschiedene Bereiche mit ihrem ganz eigenen Charme. Auf der Terrasse vor dem Wirtshaus-Eingang verkaufen die Marktweiber z.B. uralte Tomatensorten im Topf und schöne Töpferwaren. Auf der „Tenne“, dem alten Heuboden, lassen edler Schmuck und duftende Kräuterkissen das Frauenherz höher schlagen. Und der „Zaubergarten“, der Privatgarten von Agnes Pfeiffenthaler, lockt mit Wasserspielen, einer Feuerstelle und vielen weiteren Verkaufspavillons.
Vom Hinterhof bis zum Bauerngarten
Das Geniale an diesem Konzept ist, dass wirklich alle Flächen des Gasthofes optimal genutzt werden. So stehen den Besuchern sogar der Hinterhof sowie der Bauerngarten, der sich im dichten Grün hinter dem Biergarten befindet, zur Erkundung offen. Die „Marktzeiten“ sind am Freitag von 12 bis 19 Uhr und an den Wochenend-Tagen, wo viele Familien kommen, von 10 bis 19 Uhr (samstags) bzw. 10 bis 18 Uhr (sonntags).
Solch ein Großevent im Freien muss natürlich sorgfältig vorbereitet werden. Um den bedienten Biergarten mit 250 Plätzen auch beim „Weibamarkt“ im Griff zu haben, stellt Agnes Pfeiffenthaler zusätzliches Service- und Schankpersonal ein. Insgesamt sorgen dann 15 Mitarbeiter für einen reibungslosen Ablauf. Aber auch in der Küche herrscht beim „Weibamarkt“ Hochkonjunktur. Neben den besonderen Speisen, die an den Ständen im Biergarten angeboten werden, führt die Wirtin ihre „normale“ Speisekarte mit Klassikern wie Krustenbraten und Jägerschnitzel.
Zum gemütlichen Verweilen auf dem Markt hat Agnes Pfeiffenthaler für ihre Besucher zusätzliche Sitzmöglichkeiten geschaffen. Immer wieder laden rustikale Bierbänke zu kurzen Verschnaufpausen oder zum netten Plausch mit den Marktweibern ein. Und was passiert, wenn der Wettergott einmal nicht mitspielt? Fällt der „Weibamarkt“ dann ins Wasser? „Bisher hatten wir immer Glück“, zeigt sich die Wirtin optimistisch. „Falls es aber doch mal regnen sollte, können die Gäste immer noch nach drinnen ins Haus flüchten.“ Im Gang, in den Zimmern der ans Gasthaus angeschlossenen Naturkost-Pension sowie in der urigen „Tenne“, dem alten Heuboden, gibt es noch viele weitere Verkaufsstände mit außergewöhnlichen Produkten zu entdecken – von der Ziegenmilchseife bis zum handgeschöpften Papier.
Großes Zelt schützt vor Regen und Kälte
Nicht zu vergessen ist noch der Hofladen „Alchemilla“. Hier verkauft Agnes Pfeiffenthaler das ganze Jahr über – je nach Saison – hausgemachte Marmeladen, feine Liköre und heilsame Kräuterprodukte. Weil das „Schlechtwetter-Risiko“ im regnerischen November noch höher ist, stellt die Wirtin beim Herbst-Markt zusätzlich noch ein großes Zelt im Biergarten für die Marktfrauen und ihre Stände auf.
Perfekt abgerundet wird das Marktgeschehen durch ein buntes Rahmenprogramm mit Musik, Tanz, Vorträgen und Seminaren. So lernt „frau“ beispielsweise, wie man kalte Füße los wird, welche Heilpflanzen dem Körper gut tun oder wie man mit „Räuchern“, einem uralten bäuerlichen Brauch, das Haus reinigt und weiht. Aber auch die exotischen Trommelkurse erfreuen sich seit Jahren großer Beliebtheit. Wollen sich die Frauen dem Markt-Trubel entziehen, steht im 2. Stock des Gasthofs für die Kurse noch ein eigener Seminarraum offen.
Auf die Frage, was die Mannsbilder vom „Weibamarkt“ halten, antwortet die Wirtin lachend: „Im Schnitt haben wir ein Drittel bis ein Viertel Männer mit dabei. Während die Frauen dann über den Markt schlendern, setzen sich die Männer oft einfach in den Biergarten – und lassen es sich bei Speis‘ und Trank gut gehen.“ Und wenn die kleinen Gäste Feennetze bauen, Schutzsteine herstellen oder der geheimnisvollen Märchenerzählerin lauschen – kann man unter den vielen Kindern immer wieder mal ein lächelndes Mannsbild ausmachen.
Geistesblitz bei Wanderung
Was für ein tolles Gesamtkonzept! Aber wie kam es eigentlich dazu, einen Markt „nur“ für Frauen und dann noch in einem Gasthof zu veranstalten? „Bei einer Wanderung mit zwei befreundeten Frauen dachten wir laut über unsere weibliche Kreativität nach und darüber, wie wir unsere selber hergestellten Produkte wirkungsvoll präsentieren können“, erzählt Agnes Pfeiffenthaler. „Mit dem „Weibamarkt“ haben wir dann eine sehr schöne Lösung gefunden. Hier können wir in einmaliger Atmosphäre unsere Waren anbieten und gleichzeitig ein starkes Netzwerk untereinander aufbauen.“
Insgesamt sind an den „Weibamärkten“ rund 300 Frauen beteiligt. Je nach Produktangebot kommen davon immer zwischen 60 und 70 Frauen zu den Frühjahrs- oder Herbstmärkten. „Dabei müssen alle Produkte handgefertigt oder den eigenen Ideen der Marktweiba entsprungen sein“, heißt es in den Teilnahmebedingungen. „Wir wollen keine konventionelle Massenware „Made in China“ anbieten. Wir wollen zeigen, was wir Frauen alles können.“
Weibliche Anmeldungen bevorzugt
Zur Präsentation der Waren können die Frauen entweder ihren eigenen Verkaufspavillon bzw. -stand mitbringen oder einen Biertisch „buchen“. Strom und starke Helfer/innen zum Aufbau können ebenfalls gegen Gebühr „bestellt“ werden. „Da wir ein Weibamarkt sind, erbitten wir natürlich weibliche Anmeldungen“, sagt die Organisatorin augenzwinkernd. „Manchmal machen wir aber auch Ausnahmen.“
Betrachtet man die aktuellen Besucherzahlen (6.000 bis 10.000!), hat sich der „Weibamarkt“ längst zu einem echten Selbstläufer entwickelt. „Bei den ersten Märkten waren wir nur 28 Frauen“, erzählt Agnes Pfeiffenthaler. „Da hat jede in ihrem Kundenkreis noch fleißig an der Werbetrommel gerührt. Heute brauchen wir eigentlich keine Werbung mehr machen. Wir stellen nur noch unseren Programmflyer auf die Website und die Leute kommen!“
Angesichts der Besuchermassen ist die engagierte Wirtin natürlich sehr froh, hilfreiche Unterstützung von außen zu bekommen. „Die örtliche Kurverwaltung ist sehr aktiv und versendet z.B. Pressemitteilungen für uns, stellt die Veranstaltung auf ihre Homepage und hilft uns – zusammen mit der Feuerwehr – bei der Anfahrts- und Parkplatzorganisation. Wir haben nämlich keinen eigenen Großparkplatz, sondern sind auf die öffentlichen Parkplätze angewiesen.“
Klasse, das die örtlichen Touristiker und Behörden kapiert haben, welch toller Event da von einer Wirtin initiiert worden ist, der der ganzen Region zu gute kommt. Der „Weibamarkt“ bereichert nicht nur das touristische Angebot, sondern macht auch einzigartige Werbung für den Ort! Neben dem Markt, der im Einklang mit der Natur im Freien stattfindet, können die Gäste die schönen Wanderwege rund um das Natur-Heil-Dorf am Wendelstein kennenlernen. Und wer nach dem „Weibamarkt“ zu müde für längere „Erkundungstouren“ ist, kommt zu einem späteren Zeitpunkt gerne mal wieder – und hängt vielleicht gleich noch ein paar Tage Urlaub dran! Die Geschäftsleute in Bad Feilnbach wiederum lassen sich den gewaltigen Besucheransturm durch den „Weibamarkt“ nicht entgehen und laden die Gäste zum „verkaufsoffenen Sonntag“ ein.
Mit ihrem Mix-Konzept aus Gastronomie und Markt erzielt Agnes Pfeiffenthaler wunderbare Synergieeffekte: Die Stamm(-gäste) freuen sich über die Abwechslung und bescheren der Wirtin mit dem Kauf ihrer Waren schöne Zusatzumsätze. Die Besucher, die „nur“ zum „Weibamarkt“ anreisen, nutzen die Gelegenheit, um im Biergarten oder ins Wirtshaus einzukehren – und lernen so den Gasthof Pfeiffenthaler kennen und schätzen.
Natürlich ist dieses Event einzigartig und soll gar nicht zum bloßen Nachmachen verleiten. Aber der „Weibamarkt“ ist ein sehr schönes Beispiel dafür, was man aus seinem Outdoor-Bereich alles machen kann. Ob mit geballter „Weibakraft“ oder vielleicht sogar mal einem Markt nur für „Mannsbilder“? Bei der Themenwahl sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt…
Erschienen in Gastronomie-Report 2/2011
Foto: Pfeiffenthaler
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