Agentur und Bar „Area 8“, Sassi di Matera

Coole Bar nach Büroschluss
Flexible Raumnutzung rund um die Uhr – iIn der Bar „Area 8“ in Sassi di Matera in Apulien lautet das Motto: Tagsüber eine Agentur, am Abend eine Bar samt multifunktionalem Kulturangebot.

Monika Schmötzl ist viel herumgekommen in der Welt. Nach der Ausbildung zur Köchin hat sie u. a. im Hotel Bareiss im Schwarzwald und auf demJob-Sharing, Car-Sharing, Bike-Sharing… Das Teilen ist richtig in Mode gekommen. Nur in der Gastronomie steckt dieses Phänomen noch in den Kinderschuhen. Ob’s daran liegt, dass viele Gastronomen überzeugte Einzelkämpfer sind? Dabei sollten folgende Fakten  eigentlich jeden Gastro-Unternehmer ins Grübeln bringen. In der Gastronomie gilt die Faustregel: 70 bis 80 % des Umsatzes werden in maximal 25 % der Öffnungszeiten gemacht.
Gerade in Zeiten eines leergefegten Arbeitsmarktes denken viele Wirte darüber nach, ihre Öffnungszeiten einzuschränken. Aber die Pacht oder Miete muss für 24 Stunden am Tag gezahlt werden, unabhängig davon, ob das Lokal nun sechs Stunden, acht Stunden oder 14 Stunden am Tag geöffnet hat. Abends und nachts coole Bar… …tagsüber repräsentative Arbeitsräume für eine Agentur. Ruhetage sind da noch gar nicht eingerechnet.
Wäre es vor diesem Hintergrund nicht tatsächlich ratsam, verstärkt über eine Doppelnutzung nachzudenken und nach Partnern zu suchen, die die Räumlichkeiten auf eigene Rechnung für gewisse Stunden am Tag nutzen? Es geht dabei ja nicht nur um die Miete. Man könnte z. B. auch gemeinsam in Einrichtung und Ambiente investieren. Und nicht zuletzt könnte ein attraktiver Partner neue Gäste ins Lokal locken – oder umgekehrt. Bei unserem aktuellen Konzept war es nämlich die Besitzerin eine Reiseagentur, die inzwischen auch eine der angesagtesten Bars Italiens betreibt.

Als Mikaela Bandini vor 23 Jahren nach Sassi di Matera zog, hätte sie sich nie träumen lassen, dass aus ihr eines Tages eine Wirtin wird. Aber genau das ist passiert. Für ihre Reiseagentur ließ sich die Unternehmerin eine Steinhöhle umbauen und einrichten. Die Gewölbedecke aus Tuffstein ist ein besonderer Blickfang und charakteristisch für die Region im Süden Italiens, gleichzeitig verleiht sie den Räumen ein ganz besonderes Flair. Für den Boden wurden extra 250 m² Eiche Canus aus der „Arbusto Collection“ der Fa. Kährs aus Tübingen verlegt. Bei der Einrichtung setzte Mikaela Bandini auf Designerstücke aus den 60er und 70er Jahren.
Um abends den Laden einfach zuzusperren, war die Location einfach zu schade (und wohl auch zu teuer). Also eröffnete Mikaela Bandini im August 2014 die „Area 8“ – einen Mix aus Bar und Cafe. Der Erfolg war so durchschlagend, dass die Wirtin nach kurzer Zeit die Zahl der Mitarbeiter verdreifachen musste. Zug um Zug baute sie die „Area 8“ in einen multifunktionalen Ort um, in dem auch Filme gezeigt werden, Konzerte stattfinden und noch Platz für Vernissagen ist. Diese Mischung kommt an. Die Bar darf sich über regen Zuspruch von Gästen weit über die Region hinaus freuen. Und das Reiseagentur-Geschäft hat unter dem nächtlichen Rummel nicht gelitten, ganz im Gegenteil.
Nun ist die Geschichte von Mikaela Bandini sicherlich ein Sonderfall. Sie betreibt das Modell „tagsüber Agentur, abends Bar“ ja nicht mit einem Partner, sondern ist Agenturchefin und Wirtin zugleich. Aber das Potential, das in der Doppelnutzung einer Location steckt, wird bei diesem Beispiel trotzdem deutlich.
Zurück von den Steinhöhlen Apuliens in die heimische Gastwirtschaft: Nicht jedes Lokal dürfte sich von der Einrichtung und vom Ambiente her für eine Doppelnutzung eignen. Das Ganze macht ja nur dann einen Sinn, wenn nicht erst stundenlang hin- und hergeräumt werden muss, sondern eine flexible Raumnutzung denkbar erscheint. Aber es müssen ja nicht alle Räumlichkeiten genutzt werden. Viele Gastro-Betriebe haben Nebenräume mit separatem Eingang, die oft nur an Wochenenden genutzt werden. Warum sollte da z. B. nicht an Werktagen ein Start-up Unternehmen mit jungem Klientel einziehen, das dem Wirt dabei hilft, die Fixkosten zu senken und neue Gäste zu finden?

Konzept aus August 2016

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Fotos: Kährs Parkett / Area 8