Prüderie und Verklemmtheit waren gestern! Mit dem kühnen Entwurf „Lucullus Palace“, einem Gastro-Palast, in dem die Gäste mit allen Sinnen genießen und ihre Gelüste stillen können, hat das Studententeam Janina Sieber (TU Berlin) und Nick Förster (TU München) den weltweit einzigartigen Wettbewerb „Restaurant der Zukunft – Gastronomie 4.0“ gewonnen.

So sinnenfreudig wird die Zukunft! Beim Eingang geben die Gäste nicht nur ihr Handy ab, sondern auch ihre Hemmungen. Dafür erhalten sie eine Maske (wie bei einem venezianischen Ball), damit sie ihren Urtrieben unerkannt freien Lauf lassen können. Die erlesenen Speisen und Getränke können gern auch im Separee genossen werden – im Liegen und nackt wie Adam und Eva. Zu den Highlights im Abenteuerland der ungezügelten Genüsse gehört das Durchschwimmen eines kleinen Sees, der nicht mit Wasser, sondern dem „White Russians“-Cocktail gefüllt ist. Zur Belohnung erreicht man den Eingang einer riesigen Ente, in deren Inneren das Paradies wartet. Wie das aussieht, wird leider nicht verraten – das soll sich im Kopfkino abspielen.

Verflucht und Halleluja: Was für eine Provokation! „Lucullus Palace“ ist ein Konzept, das extrem polarisiert. Man liebt es oder man hasst es („Pfui Teufel, wie Sodom und Gomorrha!“). Wer täglich betet, „und führe mich nicht in Versuchung“, ist hier – wo Versuchungen an jeder Ecke lauern – fehl am Platz oder als Sünder herzlich willkommen.  Aber eines ist klar: Dieses Konzept lässt keinen Betrachter kalt, es weckt Emotionen und sorgt für Diskussionsstoff. Und die dahinter steckende Botschaft dürfte klar sein: Im Restaurant der Zukunft spielen das Stillen von Hunger und Durst eine untergeordnete Rolle. Die Gäste wollen vielmehr mit allen Sinnen angesprochen und verwöhnt werden und erwarten ein unvergessliches Erlebnis. – Schöne neue Gastro-Welt!

Bei der Jury-Sitzung wurde „Lucullus Palace“ nach langen Diskussionen letztendlich einstimmig zum Sieger gekürt. „Das ist eine fantasievolle, utopische Rückführung auf die Urtriebe (Hunger, Durst, Sex)“, so der Juror und Gastro-Architekt Philipp Zimmermann.  Und sein Kollege Sascha Arnold urteilt: „Erlebnisgastronomie par excellence, mit einem Augenzwinkern zu betrachten.“

Der weltweit einzigartige Wettbewerb „Restaurant der Zukunft“ wird seit 2004 alle zwei Jahre von dem Münchner Verleger Willy Faber, Herausgeber der Fachzeitschrift Gastronomie-Report, veranstaltet. Kooperationspartner bei der 8. Auflage „Gastronomie 4.0“ ist erstmals das Architekturmagazin BAUMEISTER. Dank dieser Kooperation konnten Architektur-Studenten aus ganz Deutschland und dem angrenzenden Ausland an dem Wettbewerb teilnehmen.

Eine hochkarätig besetzte Jury wählte Ende Januar die drei Sieger. In der Jury war ein illustrer Kreis aus Gastronomie, Architektur und den Medien vertreten, darunter der Gastronom Frank Waldecker (der gerade mit seinen „Meisterstück“-Lokalen für Furore sorgt), die Architekten Philipp Zimmermann (der u.a. den Nockherberg-Saal entworfen hat), Ann Sophie Burne-Bau und Sascha Arnold sowie von der Fachpresse Anja Koller und Sabine Schneider vom Architekturmagazin BAUMEISTER (Callwey Verlag) und last but not least Willy Faber.

„Eine sehr urbane Lösung für die Stadt der Zukunft“, so nennt die Jurorin Sabine Schneider das Konzept „Die Nahrungskette“, mit dem Frederick Daniel Leinfelder (TU Berlin) den 2. Platz des Wettbewerbs erreichte. Dieser „Gastro-Tower“ bietet ein Ökosystem unter einem Dach, das vom Produzieren ( (Urban Gardening und Viehwirtschaft) über das Konsumieren (Kulturcafé, Restaurant und Kitchen-Sharing) bis hin zum Recycling und zur Kompostierung reicht. Entgegen den Trends der Digitalisierung, in der das Ausgehen immer mobiler, anonymer und kurzlebiger wird, will „Die Nahrungskette“ einen Ort des Verweilens und des kulturellen Austauschs schaffen. Architektonisch umgesetzt wird der Öko-Kreislauf durch die Spirale, die sich um den Tower schmiegt.

Das Thema „Alles unter einem Dach“ steht auch beim 3. Platz, der „Seetangstelle“  von Marius Westermann (TU Dortmund) im Mittelpunkt, allerdings heruntergebrochen auf eine einzelne Produktgruppe. Wie schon der Name suggeriert: die „Seetangstelle“ als Tankstelle für Seetang! Damit wird eine Ressource, die eine wichtige Rolle bei der Ernährung der Zukunft spielen kann und schon heute von vielen Spitzenköchen weltweit verwendet wird, in den Fokus gerückt.

Gesund, eiweißhaltig, lecker: Seegras, Tang und Algen werden in der „Seetangstelle“ aber nicht nur in Miso Suppen & Co. köstlich zubereitet, sondern an der Hausfront hinter einer grünen Glasfront auch angebaut (mit Wasser, Wärme und Licht!) und geerntet. Kommentar von Juror Frank Waldecker: „Einfach – genial, am Ende sinnvoll.“

„Bei unserem Zukunfts-Wettbewerb geht es nicht darum, fertige Konzepte zu liefern, die 1 : 1 umsetzbar sind. Es geht vielmehr darum, der Branche ein Gefühl dafür zu vermitteln, wie die Jugend von heute tickt und welche Wünsche und Sehnsüchte sie an die Gastronomie von morgen hat“, so Willy Faber. „Ich bin jedes Mal aufs Neue begeistert, welche Kreativität freigesetzt wird, wenn man junge Leute einfach mal machen lässt. Nur so ist es auch immer wieder möglich, dem Gastgewerbe branchenübergreifend wertvolle Inputs und Visionen zu geben. Bei bislang jedem Wettbewerb sind andere Strömungen erkennbar geworden, die sich hinterher tatsächlich in Gastro- Konzepten niedergeschlagen und internationale Relevanz erlangt haben.“

Der herzliche Dank von Veranstalter Willy Faber geht an alle, die zum Gelingen des neuen Wettbewerbes beigetragen haben: an die Experten, die sich als Jurymitglieder zur Verfügung gestellt haben, an die Partner beim Architekturmagazin BAUMEISTER und beim Callwey-Verlag und an die Sponsoren, die Landesmesse Stuttgart und die Fa. Pier 7 Foods.

Weitere Infos: https://restaurantderzukunft.de/restaurant-der-zukunft/