Leserveröffentlichung im Gastronomie Report
Sein eigener Herr sein! Welcher Gastro-Mitarbeiter träumt nicht davon? Ich hab‘ mir diesen Traum erfüllt, aber dank „meiner“ Brauerei wird er gerade zum Albtraum. Statt freier Unternehmer bin ich offenbar nur ein hilflos an die Bier-Mindestabnahme geketteter Knecht.

Vielleicht war ich ja zu naiv und blauäugig. Aber das Pachtobjekt, das mir die Brauerei angeboten hatte, passte so gut: passable Lage, 60 Plätze innen, dazu ein kleiner Garten mit weiteren 40 Plätzen. Okay, der Vorgänger hatte Probleme, aber der fuhr auch ein Allerweltskonzept mit Schweinebraten & Wurstsalat, die es überall und meist in besserer Qualität gibt.
Mit einem modernen, an Trendsettern wie L’Osteria orientiertem Pizzeria-Konzept, traute ich mir zu, einen viel größeren Gästekreis anzusprechen. Dafür war ich auch bereit, notwendige Anschaffungen wie Pizzaofen und kleinere Verschönerungen auf die eigene Kappe zu nehmen. Die Brauerei bestärkte mich und erklärte, wegen des geänderten Konzepts käme sie mir mit einer deutlich geringeren Bier-Mindestabnahme (130 Hekto pro Jahr) entgegen. Da seien dann aber keine AfG-Anrechnung und keine Rückvergütung drin. Hätte ich daran meinen Lebenstraum scheitern lassen sollen? Ca. 10 Hekto Bier im Monat sollten doch möglich sein.
Meine Pizzeria brummte jedenfalls vom Start weg. Wirt zu sein ist doch der tollste Beruf der Welt! Im Januar war Schluss mit lustig, denn dann kam die Hektoliter-Abrechnung meiner Brauerei. Für die nicht erreichten Hektos wurde ein Minderbezug von 59 Euro pro HL in Rechnung gestellt. Die Fehlmenge lag gerundet bei 45 HL Bier.
Davor hatte es keine Warnung, keinerlei Unterstützung gegeben. Meine Hoffnung, als Einsteiger im 1. Jahr auf Entgegenkommen bei der Brauerei zu stoßen, zerplatzte beim Gespräch mit dem Außendienstmitarbeiter. Da wurde ich abgekanzelt wie ein Schulbub, der seine Hausaufgaben nicht gemacht hatte. Der einzig konkrete Rat war: Verkauf‘ halt künftig weniger Wein, dann trinken die Gäste mehr Bier!
Schließlich hab‘ ich die geforderten 2.655 Euro auf einen Schlag bezahlt, was mich dann aber im Februar bei der Pacht in die Bredouille gebracht hat. Da stand der Außendienstler der Brauerei plötzlich in Nullkommanix auf der Matte und erklärte in schneidendem Ton, bei einer Wiederholung eines Pachtausfalles müsste ich mit Konsequenzen rechnen.
Die Brauerei – ein Partner, der mit Dir durch dick und dünn geht? Von wegen: Wer solche Freunde hat, der fürchtet keine Feinde mehr. Worum geht’s denn in der Gastronomie? Ein Pachtobjekt, das gut da steht mit zufriedenen Gästen, engagierten Mitarbeitern etc. Zählt ein Wirt, der was kann, gar nichts in den Augen der Brauerei? Ist wirklich nur der ein guter Wirt, der die Bier-Mindestabnahme schafft oder sogar übertrifft? Mit solch einer Denke erstickt man doch alle innovativen Konzepte im Keim und nimmt den Wirten den Mut, neue Wege zu gehen. Glauben die denn, gute Wirte wachsen auf den Bäumen? Noch sitzen die Brauereien in Sachen Mindestabnahme am längeren Hebel. Aber wenn sie so weitermachen, sägen sie den Ast, auf dem sie derzeit noch hochmütig sitzen, selber ab.
Name und Anschrift des Autors sind der Redaktion bekannt, werden aber auf Wunsch des Schreibers nicht genannt. Wenn Ihnen ein Thema so richtig auf den Nägeln brennt, dann schicken Sie bitte Ihren Kommentar faber(at)restaurantderzukunft.de. Aufgerufen sind alle unsere Leser – aus Gastronomie, Industrie, Medien, etc. Bei sensiblen Themen wird Anonymität garantiert.
Foto: bowie15 / Fotolia.de