Von: Dr. Tony Schwaegerl
Ich hatte mein Frühstück im Hotel an diesem Tag bereits um 7 Uhr eingenommen und konnte mittags nur zwei Hörnchen samt einem kleinen Becher Milch verzehren. So freute ich mich, es war inzwischen kurz vor siebzehn Uhr, auf ein gemütliches Abendessen.
Kollegen hatten mir ein Lokal in der Innenstadt empfohlen und es gefiel mir auf Anhieb. Vier Kellner stellten gerade auf zahlreiche kleine Tische Reserviert-Schilder auf, aber ich fand schließlich noch einen Tisch ohne solche Schilder. Ein Kellner kam sehr schnell und ich bat um die Abendkarte.
„Die Küche ist erst ab 18 Uhr besetzt“, sagte der Kellner, „und außerdem sitzen Sie an einem Tisch, an dem Sie einen Aufschlag bezahlen müssen.“ In einem Anfall von Naivität hielt ich das für einen Scherz, doch der Kellner redete weiter:
„Ab jetzt können Sie nur Platz nehmen, wenn Sie einen Zuschlag für Besteck, Servietten und so, kurzum eine Gedeckgebühr, bezahlen.“ Kurze Pause, dann: „Es sei denn, Sie folgen mir jetzt freundlicherweise.“
Wir gingen Richtung Theke und dann nach einer scharfen Linkskurve bis zu einem Halbrund mit viel Grünem und etlichen Tischchen samt Marmorplatte. „Hier zahlen Sie keinen Aufschlag und hier können Sie auch jetzt schon einige Kleinigkeiten speisen“, sagte der Kellner, legte mir eine Speisekarte auf den Tisch und war nach wenigen Minuten wieder da, um meine Bestellung aufzunehmen.
Das Essen war gut, sehr gut sogar und ich tröstete mich damit, dass eben solche Lokale der oberen Klasse gewisse Extrakosten verlangen… Bis ich am nächsten Abend in einem anderen Bezirk der Millionenstadt ein Lokal aufsuchte, das in einer tieferen Preiskategorie einzustufen ist und auch hier stand bereits auf der Speisekarte vermerkt, dass man eine „Gedeckgebühr“ zu berappen habe.
Ich gab mich der Hoffnung hin: andere Länder, andere Sitten! Denn die beiden geschilderten Erlebnisse hatte ich in Wien, der österreichischen Metropole. Aber zurück in München wunderten sich meine Sekretärin und ein Kollege, dass ich mich über die Gedeckgebühr aufregte. „Das kann Dir auch in München passieren“, sagte man mir und zählte sogleich konkrete Beispiele auf.
Jetzt wollte ich noch wissen, was Wirte davon halten und ob sie bei diesem für mich noch recht neuem Zuschlag auch mit von der Partie sind. „Das machen wir nur bei größeren Gesellschaften“, erzählte mir der Wirt eines Hotelrestaurant, „und eigentlich nur deshalb, weil wir zu diesen Anlässen dann auch Stoffservietten auflegen. Dass die Mehrkosten machen, das wird wohl jeder verstehen.“
Am nächsten Tag plauderte ich mit einem sogenannten Promiwirt über das gleiche Thema. Er hörte mir aufmerksam zu und sagte zunächst nichts. Dann fing er zu lachen an und prustete drauf los: „Mei, ich bin doch nicht blöd. Warum soll ich Zuschläge erheben, die nur den einen oder anderen Gast verärgern, Nein, davon halte ich nichts. Aber man kann ja auch ein paar Gerichte auf der Karte ganz bescheiden im Preis anheben. Merkt keiner und für den Wirt kommt nach dem Motto Kleinvieh macht auch Mist doch was zusammen.“
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